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Schäfer et al., Allsat GmbH

Dynamische Netzausgleichung - Zeitvariante Koordinaten für GNSS-Referenzstationen

Florian Schäfer
, Allsat GmbH
Jürgen Rüffer
, Allsat GmbH
Michael Schulz
, Allsat GmbH
Wolfgang Niemeier
, Prof. Dr.
, Geotec GmbH
Dieter Tengen
, Dr.
, Geotec GmbH
Volker Spreckels
, RAG
03. März 2022 | 12:00 Uhr

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit einem neuen Konzept zur Ausgleichung zeitvarianter Koordinaten für Referenzstationen im Rahmen von Monitoringaufgaben zur Ermittlung von Bodenbewegungen über permanente und wiederkehrende Datenerfassungskampagnen für eine hochgenaue Verschneidung unterschiedlicher Erfassungssysteme wie Nivellements, GNSS, Aerophotogrammetrie, Airborne Laserscanning und InSAR. Die klassische Herangehensweise an geodätische Deformationsmessungen ist die Schaffung eines Referenzrahmens aus einer gewissen Anzahl als stabil eingestufter Punkte. Diese lokalen Bezugspunkte werden meist in zeitlich größerem Abstand an übergeordnete Referenzpunkte (z.B. SAPOS-Stationen) angeschlossen. Durch Folgemessungen sollen auf deren Basis und unter Annahme der Stabilität der Referenzpunkte die Objektveränderungen detektiert werden.

Doch auch äußere Referenzpunkte können Bewegungen unterliegen. Bleiben diese Bewegungen unerkannt, resultiert dies in einer Interpretation der Bewegungen als Objektdeformation. Vor allem im GNSS-Monitoring ist die Annahme der Stabilität der Referenzstationen über einen langen Zeitraum hinweg im Tagesgeschäft üblich, jedoch auch als kritisch zu betrachten. Begründet durch die Notwendigkeit möglichst kurzer Basislinien zwischen Referenz- und Monitoringstationen befindet sich der als stabil betrachtete Bereich oftmals in der Nähe zu einem Überwachungsbereich.

In den letzten drei Jahren (2018-2021) wurde daher im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes der RAG Aktiengesellschaft das Konzept der zeitinvarianten Referenzstationskoordinaten grundlegend überdacht. Im Mittelpunkt stand dabei die Weiterentwicklung des Programmsystems PANDA (GEOTEC GmbH) für diese Zwecke und dessen Integration in GLOMON (ALLSAT GmbH).

Seit mehr als 5 Jahren werden die Daten von GNSS-Monitoringstationen der RAG im GLOMON-Portal der ALLSAT automatisiert ausgewertet und die Ergebnisse visualisiert. Im Laufe der Jahre sind zahlreiche Referenz- und Monitoringstationen hinzugekommen und es haben sich drei GNSS-Netze etabliert. In den Bereichen NRW-Ruhr, Ibbenbüren und im Saarland werden unter dem Gesichtspunkt der Monitoringaufgaben für Altbergbau- und Grubenwasseranstiegsbereiche die Bodenbewegungen überwacht.

Das GNSS-Monitoringnetz in NRW umfasst aktuell diverse RAG-eigene sowie zehn SAPOS-Stationen. Die Daten werden täglich automatisiert mit den Post-Processing Softwares von WaSoft (WaPNet) und Geo++ (GNSMART) ausgewertet. Wöchentlich werden die Post-Processing Ergebnisse für eine Deformationsanalyse durch PANDA genutzt, um Bewegungen innerhalb des Referenzstationsnetzes zu detektieren. Das Konzept der zeitvarianten Koordinaten sieht vor, die als verschoben detektierten Referenzstationen nicht grundsätzlich aus weiteren Berechnungen auszuschließen, sondern deren Bewegungsverhalten zu beschreiben und weiterhin zu berücksichtigen.

Das heißt, dass für jede Referenzstation ein zeitlich-räumliches Bewegungsmodell aus einer gewissen Anzahl an Epochen abgeleitet wird. Das Bewegungsverhalten wird dann in die Folgewoche extrapoliert, um für die Anwendungen in GLOMON eine „tagesaktuelle“ Referenzstationskoordinate bereitstellen zu können. Diese Koordinaten finden beispielsweise Anwendung bei Basislinienberechnungen ausgehend von Referenzstationen des Monitoringnetzes oder dem Download von Beobachtungsdaten aus dem GLOMON Portal für weiterreichende Untersuchungen.

Das Konzept der zeitvarianten Koordinaten für Referenzstationen hat das Potential, die Detektionsgenauigkeiten des seit Jahrzehnten gültigen Ansatzes der langfristig stabilen Bezugspunkte in Markscheidewesen und Geodäsie zu verbessern.